Somosierra − prawda i legenda
Abstract
[Abstrakt tylko w j. niemieckim / Abstract only in German]
Somosierra − Wahrheit und Legende
Vermutlich würde es schwerfallen, dem bereits bekannten Verlauf der Schlacht bei Somosierra heute neue Tatsachen hinzuzufügen. Man kann sich höchstens über ihre Interpretation streiten. Ihre Legende bietet jedoch die Möglichkeit zu breit angelegten Untersuchungen. Denn die Legende ist eine subjektive Rezeption des historischen Geschehens, ein ganzes Ensemble von Vorstellungen und Bildern zu diesem Thema, wie es u.a. in der schöngeistigen Literatur und in den bildenden Künsten zum Ausdruck kommt.
Die Schlacht bei Somosierra fand am 30. November 1808 zwischen dem von General Benito San Juan befehligten spanischen Heer und einem Teil der französischen Armee unter dem Kommando des nach Madrid drängenden Kaisers Napoleon I. statt. Angesichts der ergebnislosen französischen Infanterie- und Artillerieangriffe auf die in der Talschlucht stark befestigten spanischen Einheiten entschloß sich der Kaiser, die vier feindlichen Geschützbatterien mit einer Schwadron leichter Gardekavallerie anzugreifen. Oberstleutnant Jan Kozietulski führte den Kampf an. Innerhalb von 8 Minuten überwanden die Attacke reitenden Chevaulegers die ganze, etwa 5 km lange Talschlucht, eroberten sie und lösten dadurch im spanischen Heer Panik aus.
Seit Beginn weckte diese Schlacht, in der etwa 150 Attacke reitende Kavalleristen 4 Artilleriebatterien überwanden, verständlicherweise ein starkes Interesse. Wie unter derartigen Umständen üblich, fanden sich viele, die sich fremde Verdienste aneignen wollten. Zwar genossen ihre Teilnehmer unmittelbar nach der Schlacht die verdiente Bewunderung des Kaisers und des französischen Heeres, aber schon die Memoiren über diese Zeit unterscheiden sich in vielen Einzelheiten, z.B. wird der Verdienst, die Reiterattacke angeführt zu haben, Oberst Wincenty Krasinski oder Tomasz Lubienski zugeschrieben. Die französischen Quellen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Rolle des Kaisers in dieser Schlacht. Dagegen sind die Erinnerungen der polnischen Teilnehmer dieses Kampfes in hohem Maße auf Polemik mit dem französischen Historiker Adolphe Thiers eingestellt, der die Anführung der Reiterattacke General Montbrun zuschrieb, obwohl dieser gar nicht an ihr teilgenommen hatte. Besonders betont werden müssen die Memoiren von Andrzej Niegolewski, des einzigen Offiziers in der Schwadron, der bis zur letzten Batterie gekommen war. Diese Quelle ist am glaubwürdigsten. Gewisse Ergänzungen können die Erinnerungen von Jozef Zaluski liefern.
Dagegen sind die französischen Memoiren, z.B. von Major Dautancourt, General Hugo, Philippe de Segur oder Erzbischof Pradt, nicht besonders gewissenhaft und tatsachengetreu.
In der historischen Literatur sind viele Polemiken über den Verlauf der Reiterattacke entbrannt. Neben soliden und Objektivität anstrebenden Arbeiten (z.B. Balagny) begegnen wir zahlreichen Verfälschungen. Viele Arbeiten liefern Beispiel für eine selektive und unsolide Untersuchung der Quellen. Jedoch scheint trotz der bis heute andauernden zahlreichen Kontroversen, Streitigkeiten und Polemiken die Arbeit von Marian Kujawski, die in seinem Buch "Zur Geschichte der polnischen Kämpfe in den napoleonischen Kriegen" enthalten ist, weiterhin die solideste Arbeit über die Schlacht bei Somosierra zu sein.
Unabhängig davon, welche Wendung die Diskussion in den wissenschaftlichen Kreisen nahm, hat das Bild der Schlacht bei Somosierra in die schöngeistige Literatur und die Malerei in Polen Eingang gefunden, allerdings in Form einer Legende. Die Künstler kümmerten sich im allgemeinen nicht viel darum, ob ihre Beschreibungen mit der Wirklichkeit übereinstimmten oder nicht. Das Phänomen der hauptsächlich von der schöngeistigen Literatur kreierten Legende von Somosierra besteht darin, daß diese Schlacht zu einer den kollektiven Helden glorifizierenden Tat geworden ist, mit der sich die ganze nach Unabhängigkeit strebende polnische Nation identifizieren konnte. Die Reiter von Somosierra wurden durch Dichtung und Prosa zu einer Manifestierung des Mutes, der Treue zu den soldatischen Idealen und der kavalleristischen Phantasie.
Das Thema wurde schon nach 1810 von Dichtern und Schriftstellern (Kanterbury Tymowski) aufgegriffen. Hinweise auf die Schlacht findet man auch in Adam Mickiewiczs Pan Tadeusz. Ebenfalls ein schönes poetisches Beispiel dieser Legende der Tat liefert das Gedicht Die Talschlucht von Somosierra von Maria Konopnicka. Die Schlacht bei Somosierra bildet auch ein Thema, das in der Prosa von Waclaw Gasiorowski (z.B. Der Sturm) und Kazimierz Przerwa-Tetmajer oft zur Sprache kommt. In der schöngeistigen Literatur hat diese Legende bis in die Gegenwart hinein überdauert. Sie taucht in zahlreichen Schilderungen von Schlachten des 2. Weltkrieges wieder auf, u.a. bei Melchior Wankowicz und Stanislaw Koszutski, sowie im Gedicht von Jan Lechon über die Schlacht von Monte Cassino, selbstverständlich auch in der Prosa von Marian Brandys.
Ähnlich ist diese Schlacht auch in der Malerei oft legendenbildend dargestellt worden - als Apotheose von Personen oder des Geschehens selbst. Bemerkenswert ist, daß die meisten Künstler die faktische Topographie des Geländes nicht kannten. Eigentlich hat sich nur Wojciech Kossak die Mühe gemacht, die Kampfstätte zu besichtigen, aber auch ihm blieben gewisse andere Fehler nicht erspart, z.B. läßt er seine Kavalleristen in Paradeuniform Attacke reiten. Es scheint, daß die Künstler nicht so sehr auf die Darstellung des Verlaufes der wirklichen Schlacht Nachdruck gelegt haben, sondern eher auf die der Legende (Piotr Michalowski, January Suchodolski u.a.). Und diese Legende sollte ja auch eine didaktische Funktion für die ganze Nation erfüllen. Dies wird Fürst A. Imertynski, der Gouverneur der Stadt Warschau, richtig erkannt haben, als er W. Kossak verbot, ein Panorama von Somosierra zu malen, weil dieses Thema eine Gefahr für die Sicherheit des Staates darstellte.
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