Geneza katolickich ugrupowań społecznych w Polsce do roku 1939

  • Stanisłąw Gajewski

Abstract

[Abstrakt tylko w j. niemieckim / Abstract only in German]

Die Entstehung der katholisch-sozialen Gruppierungen in Polen bis 1939

  1. Die ersten katholisch-sozialen Organizationen in den polnischen Gebieten im 19. Jahrhundert hatten patronalen Charakter und waren sehr wenige. Denn im katholischen Milleu herrschte die Meinung vor, das Volk sei unfähig zum Engagement für die stattfindenden gesellschaftlichen Wandlungen. Ihre Entwicklung wurde von den offiziellen kirchlichen Verlautbarungen zu gesellschaftlichen Themen stark beeinflusst, insbesondere durch die Enzykliken Rerum novarum (1891), Ubi arcano (1922) und Quadragesimo anno (1931), denn diese erteilten den Katholiken die offizielle Erlaubnis zum sozialen Wirken und zur Formulierung ihrer Sicht besserer sozialer Verhältnisse, zu deren Verwirklichung sie aufgerufen wurden. Die Enzykliken sprachen aber nur von sozialen Organisationen, und unter der „christlichen Demokratie” verstanden sie vom Episkopat geleitete soziale Wohltätigkeitsaktionen zugunsten der benachteiligten Schichten (Graves de communi − 1901). Von politischen Organisationen war also nicht die Rede. Die katholischen politischen Organisationen entstanden häufig mit Billigung, aber nicht durch Inspiration der kirchlichen Kreise.
  2. Einen für die Entstehung der katholischen Organisationen ausserordentlich wichtigen Faktor stellten die sich ausbreitenden radikalen politischen Bewegungen dar, insbesondere die sozialistische Bewegung und in Galizien auch die Bauernbewegung. Diese Parteien strebten strukturelle Veränderungen im politischen Leben an und riefen dadurch eine Reaktion der katholischen Kreise hervor. Diese Reaktion gründete sich auf die Verteidigung der Interessen des Katholizismus, auf die die radikalen Bewegungen nicht immer Rücksicht nahmen, sowie auf den Schutz des Privateigentums. Wenn auch oft die Notwendigkeit radikaler Veränderungen eingeschen wurde, kämpfte man doch gegen die sozialistische und auch gegen die Bauernbewegung an. Eine Form dieses Kampfes bildete u.a. die Schaffung der katholisch-sozialen Organisationen.
  3. Einen die Entwicklung der katholisch-sozialen Organisationen hemmenden Faktor stellte das sich ausbreitende nationale Lager dar, das praktisch die katholischen Massen konzentrierte und das − wenn auch nur aus taktischen Gründen − dem Katholizismus gegenüber positiv eingestellt war. Die sich im Laufe der Jahre in diesem Lager vollziehende Evolution führte zu einem Verwischen der Unterschiede zwischen den katholischen und den nationalen Gruppierungen. Diejenigen katholischen Organisationen, die die nationalen Gruppierungen bekämpften, erlitten eine Niederlage. Das Verwischen der Unterschiede geschah aber nicht nur durch Übernahme der Ideale der nationalen Bewegung durch die katholischen Organisationen, sondern auch in umgekehrter Richtung. Die um das Monopol, die ganze Nation zu repräsentieren, kämpfenden nationalen Organisationen griffen das Programm der katholischen Gruppierungen auf. Das war übrigens nicht nur das Ergebnis politischer Taktik, sondern dahinter standen auch persönliche Überzeugungen, die oft auf den Katholizismus hin evoluierten. Das lässt sich insbesondere an der Entwicklung junger Nationalisten im Bereich der akademischen Organisationen beobachten. Die christlichen akademischen Korporationen verloren gegen Ende der Zwischenkriegszeit ihre Daseinsberechtigung, weil die Prinzipien, um die sie kämpften und durch die sie sich von den sogenannten polnischen (nationalen) Korporationen unterschieden, von diesen akzeptiert und in ihr neues Programm aufgenommen wurden. Dieser Prozess wurde von vielen Katholiken mit unverdeckter Furcht um die Geschicke eines in den Dienst des nationalen Lagers eingespannten Katholizismus beobachtet. Im Verlauf dieser Annäherung schufen sie jedoch diesbezüglich keine neuen katholischen Organisationen, sondern wirkten höchstens in verschiedenen nichtformalen Gruppen (z.B. die Redaktion von „Głos Narodu”, die Redaktion „Verbum”, die Redaktion „Pax” in Wilna).
Published
2019-07-08
Section
Articles